Nachrichten | Samstag, 20. April 24
Uraufführung am Passauer Opernhaus: Liebe in Zeiten der UnsicherheitJetzt oder nie. In seinen verbleibenden zwei Jahren am niederbayerischen Landestheater will Intendant und Theatermacher Stefan Tilch Eigenproduktionen rauslassen, die ihm am Herzen liegen, aber nie umgesetzt worden sind. Nach einem Theaterstück, das die Zeitenwende in Sprache und Humor beleuchtete, widmet er sich der Liebe in Zeiten des Umbruchs und der Unsicherheit. Seine Oper "April - Die Geschichte einer Liebe" mit drei Dutzend Bühnenmitwirkenden feiert heute Uraufführung im Passauer Opernhaus. Tilch holte sich als Partner den nahezu gleichaltrigen österreichischen Dirigenten und Komponisten Peter Wesenauer, der hier erstmals als Opernkomponist auftritt. Für die Ausstattung griff Tilch auf ein weltweit anerkanntes Duo zurück, Charles Cusick Smith und Philip Ronald Daniels, die sich zuletzt in der britischen Operette "Mikado" mit exotischer Handschrift zeigten; für die Choreografie zeichnet verantwortlich die Passauerin Sunny Prasch ("Im Weißen Rössl", "La Bohéme").
Besetzung:
Im Film: Weitere Aufführungen morgen, am kommenden Wochenende und am Freitag, 10. Mai.
Man hat wahrscheinlich im Leben selten die Chance, die Uraufführung eine Oper "made in Germany 2024" zu erleben. Wie es war? Schön schräg, zeitweise brutal laut. Die Schlagzeugerin hielt sich die Ohren zu, als der Pauker neben ihr loslegte. Andere Musiker hatten sich Ohrstöpsel in die Gehörgänge gestopft. Volle Pulle auch bei der Nebelmaschine. Ich wollte mir meine Corona-Maske aufsetzen, hätte ich sie noch dabeigehabt. Das Bühnenbild geht auch voll ab, weil die Regie Kulissenschieber und Videoprojektionen kombiniert. Das erzeugt Tempo und Dynamik. Zwei Boomer haben diese Oper über einen liebeskranken Mann aus dem Ärmel geschüttelt. Regisseur ist der Opernhausintendant, ein Enthusiast seines Fachs, der wahrscheinlich mit Wehmut auf das Ende seiner Amtszeit blickt. Der andere ist ein freier Dirigent und Komponist, ein lustiger Glatzkopf aus Österreich. "Viel Spaß!" hat er zum Auftakt in den Orchestergraben gerufen. Später konnten sich die Musikerinnen und Musiker das Grinsen nicht verkneifen, als ihr Dirigent im Theaternebel verschwand.
Vorlage für die Oper ist eine 100 Jahre alte eher unbekannte Novelle eines bekannten österreichischen Schriftstellers: Joseph Roth (Radetzkymarsch und Die Kapuzinergruft). Nachtrag: tolle Tänzer, sagenhafte Sopranistinnen. Drei Dutzend Mitwirkende. Der Intendant und der Komponist sind sich am Ende glücklich in die Arme gefallen. Das Publikum hat die Inszenierung mit einem langen Schlussapplause gefeiert. Es klatschten auch diejenigen begeistert, denen in den 90 Minuten nicht alles gefallen hat. Denn so ein Werk auf die Beine zu stellen, erfordert Mut, eine Meisterleistung! hud
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